
Das Motto prankte bereits nach dem Halbfinal-Triumph gegen die Bayern auf der Brust der Real-Stars. Als die millionenschwere Mannschaft Ende April 2014 in München mit ihren Anhängern den Einzug ins Finale der Champions League feierte, stand auf dem vom Klub produzierten Final-Shirt die Aufschrift „A por la décima“. „Auf zum Zehnten!“ Für andere Vereine wäre die Finalteilnahme um den wichtigsten Vereinswettbewerb Europas schon Ehre genug. Sie würden vermutlich Sprüche wie „Auf nach Lissabon“ oder „Finale wir kommen“ ausrufen. Real Madrid ist aber nicht irgendein Klub. Real Madrid jagt einem einzigen Ziel hinterher: Dem zehnten Triumph in Europas Königsklasse.
Zwölf Jahre liegt der letzte Triumph der „Königlichen“ in der Champions League nun zurück. In Glasgow besiegte Real in der Spielzeit 2001/02 Bayer Leverkusen mit 2:1 und holte sich den neunten Titelgewinn. Seitdem wartet man in Madrid auf den magischen zehnten Titel, den man als erstes europäisches Team holen könnte. In den vergangenen drei Spielzeiten stand Real jeweils im Halbfinale – und scheiterte dann doch.
Lahms Lob als größte Auszeichnung
In diesem Jahr hat es endlich geklappt mit der Finalteilnahme. Ausgerechnet gegen die Bayern, die „Bestia negra“. Philipp Lahm erklärte kürzlich im Interview mit der „SZ“: „Real Madrid hat dieses Jahr genau mit der Energie gespielt, die wir im letzten Jahr hatten. Die Spieler sind brutal heiß auf den zehnten Titel, das merkt man auf dem Platz.“ Die Worte des Bayern-Kapitäns sind eigentlich die größte Auszeichnung für die Stärke Real Madrids. Sie implizieren: Die „Königlichen“ sind auf dem richtigen Weg, der zehnte Titel ist in Reichweite.
Wie groß die Sehnsucht danach ist, spürt man in den Tagen vor dem Endspiel in jedem Interview. Innenverteidiger Pepe erklärte: „Wir müssen daran glauben. Wir arbeiten so hart darauf hin und wollen einen guten Job machen.“ Der vor dieser Saison wieder zu Real zurückgekehrte Außenverteidger Daniel Carvajal sagte: „Ich habe die Besessenheit von ›La Décima‹ viele Jahre von außerhalb miterlebt, jetzt sind wir kurz davor, sie zu holen.“ Und Superstar Cristiano Ronaldo, für den das Finale in Lissabon aufgrund seiner portugiesischen Wurzeln ohnehin ein besonderes Spiel ist, glaubt: „Wir laufen diesem Pokal seit so vielen Jahren hinterher. Es fehlt nur noch ein ganz kleiner Schritt.“
Große Trainer wie Fabio Capello, Manuel Pelligrini oder José Mourinho versuchten sich an dem prestigeträchtigen Cup-Sieg. Sie scheiterten vermutlich auch deshalb, weil keiner mit „La Décima“ so locker umgegangen ist wie der jetzige Übungsleiter Carlo Ancelotti. Der Italiener stellte schon bei seiner Vorstellung im vergangenen Sommer fest, das Streben nach dem zehnten Titel sei eine Obsession.
Während jedoch alle um ihn herum träumen, bleibt er Realist. Den Fans säuselte Ancelotti zu, in Madrid liege „etwas Besonderes in der Luft“, machte ihnen aber gleichzeitig klar, dass sie von ihm keine Wunderwerke erwarten dürfen. Er könne nur hart arbeiten und hoffen, dass die Mannschaft seinem Kurs folge. Andere Worte als vom selbstherrlichen José Mourinho oder dem bisweilen herrischen Capello.
„Wir dürfen nur keine Angst haben“
Ancelotti macht sich gar nicht die Mühe, den Druck zu verschweigen, der auf seiner Mannschaft lastet. Der Trainer weiß, dass dieser im erfolgshungrigen Real-Umfeld normal ist. Stattdessen versucht er, die gestiegenen Erwartungen mit seiner Lockerheit abzufedern. Sein ehemaliger Spieler Paolo Maldini erinnerte sich, dass Ancelotti schon in seiner Zeit beim AC Mailand vor einem Champions-League-Finale gerne mit einem Witz um die Ecke kam. Bei Real dürfte das nun nicht anders sein.
Wenn nun eine Klub-Legende wie Fernando Hierro Erwartungen schürt („Für Madrid sind zwölf Jahre eine lange Zeit“) oder wie Luis Figo Lobeshymnen auf die aktuelle Mannschaft singt („Sie hat alles, um in die Geschichte einzugehen“), lächelt Ancelotti das freundlich weg. Die „Décima“ sei „sehr nah“, sagte er zuletzt in einem Interview. „Wir dürfen nur keine Angst haben“. Dann, so ist sich der Italiener sicher, „haben wir eine so große Chance, in die Geschichte dieses Klubs einzugehen“.
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